Was soll er bekennen?

Sich zu seiner Sache, der Lyrik, erklären zu müssen, setzt jeden Lyriker in ein unterschiedliches Maß von Verlegenheit. Was soll er behaupten oder bekennen? Daß die Erscheinungsweise seiner Worte semantisch bestimmt ist? Eine Banalität. Oder daß er fest und innig an irgend etwas glaubt, zum Beispiel an ein gemächliches Fortschreiten der Menschheit ins Ungemütliche; an Das Leben (was das auch sein mag); an die Musen (wenn sie ihn lieben);  an Götter (wenn sie ihn nur in Ruhe lassen) oder an die Vorurteile seiner Epoche wie alle Leute?

(Günter Kunert, in: Diesseits des Erinnerns. Aufsätze. München: dtv 1985, S. 85.)

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