An Theodor Däubler

Viktor Friedrich Bitterlich (1892- 1914)

(gefunden bei Fixpoetry/ Fix Zone: Lost voices)

An Theodor Däubler

Ein Schweigen geht durch diese Winternacht.
Die Erde lauscht in sich. Ihr Herzschlag zittert.
Ihr bleich Gesicht mit blinden Augen wittert.
Spürst du den Schnee? Ein Schmerz ist aufgewacht.

Ihr Herzschlag zittert. Schmerz ist dargebracht!
Von ihren Lippen gellt ein Schrei und flittert
Von Stern zu Sternen, blutend hingesplittert.
Und Scham des Lebens überglüht die Nacht.

Und Tränen springen singend durch’s Gefunkel
Und Blut verqualmt und Qual ist aufgespaltet
Und tausend Sterne brausen in das Dunkel.

Nicht sein! Nicht sein! Ein Mantel wird entfaltet.
Und Frost umarmt den Schrei: er starrt und zittert.
Schweig auch, mein Herz! Ein blindes Antlitz wittert.

Aus: Der Brenner 3 (1912/13), S. 205