Vaterland. Ojczyzna

RAFAŁ WOJACZEK

vaterland

mutter klug wie ein kirchturm
mutter größer noch als die Römische Kirche
mutter lang wie die transsibirische
eisenbahn und wie die sahara breit

und fromm wie die parteizeitung
mutter schön wie die feuerwehr
geduldig wie der untersuchungsbeamte
und schmerzensreich wie im kindbett

real wie der gummiknüppel
mutter gut wie das bier von zywiec
die brüste der mutter zwei fromme stogramm

und besorgt wie die buffetfrau
muttergottes wie die königin polens
mutter fremd wie polens königin

OJCZYZNA

Matka mądra jak wieża Kościoła
Matka większa niż sam Rzymski Kościół
Matka długa jak transsyberyjska
Kolej i jak Sahara szeroka

I pobożna jak partyjny dziennik
Matka piękna niczym straż pożarna
I cierpilwa jak oficer śledczy
I bolesna jak gdyby w połogu

I prawdziwa jak gumowa pałka
Matka dobra jak piwo żywieckie
Piersi matki dwie pobożne setki

I troskliwa jakby bufetowa
Matka boska jak Królowa Polski
Matka cudza jak Królowa Polski

Wojaczek ist eine Legende und in Polen Schulstoff (im Netz finden sich zahlreiche Interpretationen und didaktische Materialien). Obige Übersetzung von Herbert Ulrich fand ich hier. Eine andere Übersetzung gibt es in dem Band R. Wojaczek, In tödlicher Not. Ausgewählte Gedichte. Aachen: Rimbaud, 2000. Das reimlose (aber durch Wortwiederholung und Anklänge locker gebundene) Sonett ist im Original in rhythmisch freien Zehnsilblern verfaßt. Das Wortspiel der letzten beiden Zeilen ist nicht übersetzt. Wörtlich etwa:

Mutter Gottes als Königin Polens
Mutter, fremde als Königin Polens

(matka boska und matka cudza sind durch Parallelismus und klangliche Nähe eng aneinander gebunden).

Im übrigen kann man Żywiec heute auch in Greifswald trinken.

Rafał Wojaczek

Im Juni 2001 las der polnische Dichter Tadeusz Różewicz zusammen mit dem befreundeten Dichter Kito Lorenc in Greifswald aus seinen Gedichten. Er war fast 80 und voll da, aber Augen und Beine wollten nicht mehr so richtig. Silke Peters holte ihn aus seiner Heimatstadt Wrocław ab und ich durfte ihn zurückbegleiten. In Wrocław rief er seinen Verlag an und veranlaßte, daß mir ein paar Bücher übergeben wurden, darunter die 1997 erschienene Ausgabe der Gedichte (Wiersze) des „polnischen Rimbaud“ Rafał Wojaczek (1945-1971). In einer Buchhandlung erwarb ich dazu die Biographie der „Skandalnudel“, „Legenden, Provokationen, Leben“ in Dokumenten. Eine deutsche Ausgabe erschien 2000 im Rimbaud-Verlag Aachen (Übersetzung: Gregor Simonides und Tobias Rößler).

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