Bienenspäßchen 17

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 17:

illic vestri

Deutsch:

dort soll reiche

Bi-Spondeus. Vier betonte Silben hintereinander sind im Deutschen so gut wie unmöglich; es sei denn man singt den Vers

dort – soll – rei – che

Beim nüchternen prosanahen Vortrag sind das im Deutschen am ehesten 2 Trochäen

dort soll reiche

Ich persönlich bevorzuge einen emphatischeren Vortrag, der mit 3 gleich starken Silben einsetzt, also

dort – soll – rei – che

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;
gens divino
ebria rore –
agite, o meae volucres, age, gens vaga nemorum,
agite, hinc abite cunctae,
et tumulum magni cingite Lipsiadae.
illic domum laresque
vobis figite, figite.

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.
Volk, von Götter-
taue berauschtes,
mach dich auf, geflügelter Schwarm, der du schweifest im Wald, auf, auf,
machet fort von hier euch alle,
und, wo ein Großer jetzt ruht, Lipsius‘ Hügel umgebt!
Dort sollet Haus und Hof ihr
euch erbauen, erbauen jetzt;

Bienenspäßchen 16

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 16:

vobis figite, figite.

Deutsch:

euch erbauen, erbauen jetzt;

Vers 16 ist, wie 2 und 9, ein Glykoneus:

euch erbauen, erbauen jetzt;

oder, da der Glykoneus Längen bei den ersten beiden Silben erlaubt, hier:

euch erbauen, erbauen jetzt;

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;
gens divino
ebria rore –
agite, o meae volucres, age, gens vaga nemorum,
agite, hinc abite cunctae,
et tumulum magni cingite Lipsiadae.
illic domum laresque
vobis figite, figite.

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.
Volk, von Götter-
taue berauschtes,
mach dich auf, geflügelter Schwarm, der du schweifest im Wald, auf, auf,
machet fort von hier euch alle,
und, wo ein Großer jetzt ruht, Lipsius‘ Hügel umgebt!
Dort sollet Haus und Hof ihr
euch erbauen, erbauen jetzt;

Bienenspäßchen 15

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 15:

illic domum laresque

Deutsch:

Dort sollet Haus und Hof ihr

Katalektischer jambischer Dimeter bzw. Anakreonteus mit Auflösung (sagt Schnur). Ein jambischer Dimeter, von der Sache her 4 Jamben, das wäre für uns akatalektisch (unverkürzt) ein vierhebiger Jambus mit männlicher, katalektisch wie hier aber ein dreihebiger Jambus mit weiblicher Kadenz. Anakreonteus hatten wir bei V. 13 besprochen. Mit Auflösung? Hier stoßen wir, fürchte ich, wieder an die Unvereinbarkeit altgriechischer und neudeutscher Metrik. Ausnahmsweise schließe ich meinem ehemaligen Nachbarn (130 oder 140 Jahre vor mir) Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff an, der in seiner Griechischen Verskunst (1921) schreibt:

Das kommt bei aller mühseligen Sorgfalt heraus: wir alle, der Verfasser nicht ausgenommen, sprechen hier andere Verse, denn eine Auflösung ist nun einmal im Deutschen unmöglich. Und (…) wenn wir willig genug sind, sie zu sprechen, geben sie etwa das Ethos wieder, das sie im Griechischen haben? Für uns sind sie doch unbedingt etwas ganz Seltenes, und da sie entweder auf ihre einzelnen Füße gestellt werden müssen, oder zwei Akzente in ein Wort legen (…) so machen sie den Eindruck stärkster Erregung. Im Originale schweben sie und schwingen sich, wie die Lerche in der Luft mit leichtestem Fittichschlage.

Recht hat er! (Ich erinnere daran, der Exkurs hier dient nur dem Nachvollziehen eines metrischen Spiels des alten Dichters.)

 

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;
gens divino
ebria rore –
agite, o meae volucres, age, gens vaga nemorum,
agite, hinc abite cunctae,
et tumulum magni cingite Lipsiadae.
illic domum laresque

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.
Volk, von Götter-
taue berauschtes,
mach dich auf, geflügelter Schwarm, der du schweifest im Wald, auf, auf,
machet fort von hier euch alle,
und, wo ein Großer jetzt ruht, Lipsius‘ Hügel umgebt!
Dort sollet Haus und Hof ihr

Bienenspäßchen 14

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 14:

et tumulum magni cingite Lipsiadae.

Deutsch:

und, wo ein Großer jetzt ruht, Lipsius‘ Hügel umgebt!

Heute ist es wirklich einfach. Die Zeile ist ein Pentameter, der in der Dichtung nur in Verbindung mit anderen Metren vorkommt, vor allem gemeinsam mit dem Hexameter im Distichon.

Schema:

–uu–uu– | –uu–uu–

Lipsius‘ Hügel? Ein Blick auf den Originaltext kann helfen. Tumulus, heißt Grabhügel: Der Philosoph Justus Lipsius (1547-1606) ist in Leiden begraben, Heinsius mag öfter zu seinem Grab gepilgert sein.

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;
gens divino
ebria rore –
agite, o meae volucres, age, gens vaga nemorum,
agite, hinc abite cunctae,
et tumulum magni cingite Lipsiadae.

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.
Volk, von Götter-
taue berauschtes,
mach dich auf, geflügelter Schwarm, der du schweifest im Wald, auf, auf,
machet fort von hier euch alle,
und, wo ein Großer jetzt ruht, Lipsius‘ Hügel umgebt!

Bienenspäßchen 13

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 13:

agite, hinc abite cunctae,

Deutsch:

machet fort von hier euch alle,

Ein ionischer Dimeter mit Anaklasis (Anakreonteus), sagt Schnur.

Schema:

uu–u–u––

Dimeter, also 2 Bausteine (Metra, Füße), und zwar 2 Ioniki (Ionici a minora). Der Ionikus

uu––

stammt von Kultliedern zu Ehren der Großen Mutter Kybele, als Metrum ganzer Gedichte seit Alkman belegt, sagt das Metzler-Literaturlexikon. Verdoppelt, also als Dimeter, kommt er mit Umstellung des Anfangs im zweiten Metron (Anaklasis) im Anakreonteus vor, vervierfacht (Tetrameter) im Galliambus (siehe voriger Vers).

In einem e-Learning-Modul zur griechischen Metrik fand ich dies:

Die Ioniker (⏑ ⏑ ‒ ‒) haben ihren Namen von der Verwendung durch die ionischen Dichter. Sie wurden vielfach mit Laszivität, Weichlichkeit und Effeminiertheit assoziiert. Neben der archaischen Lyrik (Alkman; Alkaios; Sappho; oft bei Anakreon), wo sie auch mit anderen Metren verbunden werden, finden sie sich insbesondere im attischen Drama.

Eine Spezialform ist der (nach Anakreon) auch „Anakreonteus“ genannte anaklastische ionische Dimeter. Bei diesem Versmass scheinen die Kürze und die Länge in der Mitte „umgebeugt“ (zu ἀνακλάω „umbeugen“) zu sein:

Statt ⏑ ⏑ ‒ ‚‒ ⏑‘ ⏑ ‒ ‒ (reine Ioniker) ist das Versschema ⏑ ⏑ ‒ ‚⏑ ‒‘ ⏑ ‒ ‒ (anaklastisch).

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;
gens divino
ebria rore –
agite, o meae volucres, age, gens vaga nemorum,
agite, hinc abite cunctae,

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.
Volk, von Götter-
taue berauschtes,
mach dich auf, geflügelter Schwarm, der du schweifest im Wald, auf, auf,
machet fort von hier euch alle,

Bienenspäßchen 12

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 12:

agite, o meae volucres, age, gens vaga nemorum,

Deutsch:

mach dich auf, geflügelter Schwarm, der du schweifest im Wald, auf, auf,

Galliambus, laut Metzler Literaturlexikon (1990): „ursprüngl.das Kultlied der vorderasiat. (phryg.) Magna Mater Kybele und des Attis; Bez. nach den Galloi, den Kultdienern der Göttin. Dann der Vers dieser Kultlieder, der seit alexandrin. Zeit (Kallimachos) in der antiken Kunstdichtung Verwendung findet. – Der G. gilt als katalekt. Tetrameter aus 4 Ionici a minore und Anaklasis zwischen den ersten beiden Versfüßen. (…) mannigfache Variationen durch Auflösung von Längen und Zusammenziehung zweier Kürzen zu einer Länge. – Verwendung u.a. bei Catull …“ Alles klar?

Schema hier etwa (dt. Fassung)

uu–u–uu–uu–uu–––

 

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;
gens divino
ebria rore –
agite, o meae volucres, age, gens vaga nemorum,

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.
Volk, von Götter-
taue berauschtes,
mach dich auf, geflügelter Schwarm, der du schweifest im Wald, auf, auf,

Bienenspäßchen 11

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 11:

ebria rore –

Deutsch:

[Volk, von Götter-]
taue berauschtes,

Diesen Fuß kennt jedeR OdenleserIn: Adoneus, der vierte Vers der sapphischen Odenstrophe. Klingt im Deutschen manchmal etwas grobschlächtig: DAM-da-da-DI-da.

– u u – u

Christian Felix Weiße (1726-1804) übersetzte Sapphos Ode metrisch, aber gereimt:

Gleich den Göttern scheint mir der Mann beglücket,
Der dein schönes Aug in der Näh erblicket,
Süß dich lächeln sieht, sanft, zu dir gekehret,
    Reden dich höret.

August Wilhelm Schlegels Übersetzung der Aphroditeode beginnt:

Göttin du! glanzthronende Aphrodita!
Tochter Zeus', schlau fesselnde! laß dich bitten:
Nicht mit Unmut beuge mir oder Kummer
                  Hohe, die Seele.

Die weiteren Adoneen in seiner Fassung:

Lassend, von Golde

Fittiche wirbelnd

So dich gerufen

Sappho, dir Leides?

Wolltest du nicht auch!

Bundesgenossin

Goethe hat keine Oden geschrieben, aber seine freirhythmischen Jugendhymnen verraten Sprachgefühl oder/und Kenntnis griechischer Rhythmen. Adoneen sind z.B. (oft als Strophenschlüsse):

Pythius Apollo / Jupiter Pluvius / Dort hin zu waten (Wanderers Sturmlied)

Neben dir ausruhn (Der Wanderer)

Du mich beneidest (Prometheus)

Frühling, Geliebter! (Ganymed)

Spude dich, Kronos (An Schwager Kronos)

Neben dir wässerst (Harzreise im Winter)

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;
gens divino
ebria rore –

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.
Volk, von Götter-
taue berauschtes,

Bienenspäßchen 10

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 10:

gens divino

Deutsch:

Volk, von Götter-

Auch das ist einfach, jedenfalls im Original. 2 Spondeen, Bi-Spondeus schreibt Schnur. Vier Hebungen, das geht im Latein, im Deutschen nur wenn man sich etwas verbiegt, langsam spricht, abwägend oder salbungsvoll. Hier vielleicht dadurch erleichtert, daß das Enjambement mitten im Wort zu rätseln gibt.

– – – –

gens–di–vi–no

Volk–von–Göt–ter-

Auflösung morgen.

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;
gens divino

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.
Volk, von Götter-

Bienenspäßchen 9

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 9:

hortorum redulentium;

Deutsch:

Gärten, welche von Düften schwer.

Heute gehts schnell. Vers 9 ist wieder ein Glykoneus wie Vers 2:

– – – u u – u –

Gär-ten, welche von Düften schwer.

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich (öffentlich) nehme, nicht gebe!

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati
hortorum redulentium;

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich
Gärten, welche von Düften schwer.

Bienenspäßchen 7-8

„Bienenspäßchen“ bezieht sich auf ein lateinisches Gedicht des niederländischen Dichters Daniel Heinsius (1580-1655), in dem fast jede Zeile ein eigenes Metrum hat. Es findet sich im Original und in der Übersetzung von Harry C. Schnur in der Reclamausgabe „Lateinische Gedichte deutscher Humanisten, 1. Aufl. 1966, 3. durchges. u. ergänzte Aufl. 2015. Ich benutze es hier für den Spaß, jeden Tag ein Häppchen europäischer Dichtung zu präsentieren, zugleich ein Crashkurs* in klassischer Metrik.

Vers 7-8:

et seduli coloni
et incolae beati

Deutsch:

und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich

Katalektische jambische Dimeter. Dimeter sind Verse, die aus zwei Metren bestehen. Metren (Singular Metron) sind Bauelemente von Versen, man hört manchmal „kleinste metrische Einheit“, aber sind das nicht die Füße? In der Tat sind beide Begriffe ähnlich und manchmal synonym. Der Hexameter besteht aus 6 (im Prinzip daktylischen) Metren oder Füßen. Beim Namen des Pentameters bemerkt man den Unterschied; auch der hat 6 Füße oder im Deutschen sechs Hebungen, aber bei den alten Griechen nur 5 Metren. Während dreisilbige Füße wie Daktylen oder Amphibrachen als 1 Metron gelten, gelten Jamben und Trochäen nur als halbes Metron. Ein jambischer Dimeter besteht also aus 4 Jamben. Katalektisch bedeutet, daß der letzte Fuß verkürzt ist, also im Fall des Jambus bleibt vom letzten Jambus nur die Senkung.** Katalektische jambische Dimeter:

u– u– u– u

Auch hier das Problem, daß man im Deutschen nur aus dem metrischen Schema wissen kann, um welche Verse es sich handelt. Entweder jambisch (wir wir nur aus dem Originaltext wissen):

und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich

oder man betont das Wort und und liest 1 Daktylus und 2 Trochäen:

und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich

Das Metrum, also, stammt nicht aus „der Natur der Sprache“, sondern aus dem vorhergedachten metrischen Schema – im Deutschen jedenfalls. Wenn ich weiß, daß Heinsius ein Spiel mit wechselnden Metren inszeniert und ich das in der deutschen Fassung reproduzieren will, entscheide ich mich (beim Nachdichten wie beim Vortrag) bewußt für jambische Dimeter und gegen die zweite Variante. Und ich wiederhole es gern: Versmaße bestimmen heißt nicht, ein allgemeingültiges Raster über den Text legen, sondern herausfinden (ablesen oder ggf. „divinieren“), nach welchem Schema der Text gebaut wurde. Metrik ist (wenigstens im neueren Deutschen) eine produktionsästhetische Disziplin.

*) Wohlgemerkt: Crashkurs, den ich nehme, nicht gebe!

**) Deshalb darf man nicht die Begriffe der Fuß-und Taktmetrik vermischen, wie es manchmal in Einführungen geschieht. Ein katalektischer vierfüßiger Jambus (jambischer Dimeter) ist im Deutschen ein dreihebiger Jambus mit weiblicher Kadenz wie eben hier

und ihr bewerket fleißig

u– u– u– u

Ein vierfüßiger Trochäus (trochäischer Dimeter), katalektisch oder akatalektisch, also unverkürzt, hat dagegen immer vier Hebungen (Füße, Takte). Katalektisch:

Wenn der Schnee ans Fenster fällt

(Georg Trakl)

–u –u –u –

taktmetrisch: vierhebiger Trochäus mit männlicher Kadenz

Oder akatalektisch:

Einmal kommt – ich habe Zeichen –
Sterbesturm aus fernem Norden.
Überall stinkt es nach Leichen.
Es beginnt das große Morden.

(Alfred Lichtenstein)

–u –u –u –u

taktmetrisch: vierhebiger Trochäus mit weiblicher Kadenz

Bisheriger Gesamttext

Mellificae volucres,
quae per purpureas rosas
violas amaracumque
tepidique dona veris
legitis suave nectar,
tenerae cives
et seduli coloni
et incolae beati

Deutsch von Harry C. Schnur:

Honigerzeuger im Flug,
die aus Rosen ihr, dunkelrot,
die aus Majoran und Veilchen
und des lauen Frühlings Gaben
sammelt ein den süßen Nektar –
ihr bewohnt, Kleinchen,
und ihr bewerket fleißig
und ihr besiedelt glücklich