Natalka Bilotserkivets HERBARIUM

Natalka Bilotserkiverts (geb. 1954 in Bilopillya / Ukraine)

HERBARIUM

Es gibt nichts Besseres als den Duft
von Kinderhaar… nur ein getrocknetes
Veilchen riecht so… die Blüte
bläulich, auf schwankem Stengelhals…
die Blättchen wie zwei Schultern
zart aneinander haftend.

Das Beste ist, was beinah unbemerkt bleibt –
weil es bescheiden ist… der Duft zum Beispiel…
oder die Kindheit … ja sogar der Tod,
wenn auch sein Atem süß ist
und verlangend.

Noch gestern las und malte er,
hat etwas Basketball gespielt,
auch Klarinette. Die Aufgaben unzählig
des Tages ödeten ihn schon. Und öfter
denkt er daran zu wandern ohne Schuh,
der frische Wind kerbt wie ein Messer
ins Firmament sich windend einen Tunnel.

Wird Gott das Korn mit auf die Reise nehmen,
dass Weizen wachsen kann und Reis?
Wird er in seine Tasche stecken
das kleine Tier, den unschuldsvollen Vogel?
Damit auf einer nie erblickten Erde
die Natur von dieser neu ersteht und
wie ein Figürchen auf dem Tisch
der Mensch zum Lobpreis aufgestellt wird?

…Doch seine Hand verweilt zumeist –
wie die des Knaben oder eines Alten –
auf einem dicken Folianten
im Ledereinband, wo das Leben
weder Gewicht hat noch Gefühl,
nicht einmal Sinn. Wo Transparentpapier
auf einem zweiten Blatt erscheinen lässt
trockene Gräser, Blüten, Blätter,
die Schönheit als Erinnern, als geheime Pforte,
ein Spiel mit Düften und verlorenen Ideen.

(Aus dem Ukrainischen übertragen von Marga Erb und Roland Erb)

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